Das Geheimnis des Grabes

Kriszti hatte sich schon lange nicht mehr so frei gefühlt. Endlich ein Tag ohne Verpflichtungen, ohne den Lärm der Berufsschule und ohne die ständige Sorge, wie es mit ihrer Zukunft weitergehen würde. Der Winter hatte die Straßen in einen grauen Mantel gehüllt, aber der Frühling kündigte sich an, und mit ihm die Hoffnung auf Veränderung.

Während sie langsam durch die leeren Straßen ging, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich. „Mädchen! Hey, du, Mädchen! Kriszti!“

Verwirrt drehte sie sich um. Ein Auto rollte langsam neben ihr, und am Steuer saß ein Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte. „Meinst du mich?“ fragte sie unsicher.

„Na klar! Komm, ich bring dich nach Hause“, sagte er mit einem charmanten Lächeln.

Misstrauisch betrachtete Kriszti den Mann, Lajos, wie er sich vorstellte. Sie kannte ihn nicht, und dennoch fühlte sie sich merkwürdig sicher. „Und wenn wir gar nicht in die gleiche Richtung fahren?“ fragte sie, ihre Stirn in Sorgenfalten.

„Unmöglich“, kicherte er. „Ich garantiere dir, wir fahren genau denselben Weg.“

Warum sie schließlich in das Auto eines Fremden einstieg, wusste sie bis heute nicht. Etwas an seiner Ausstrahlung hatte sie angezogen, etwas, das sie nicht erklären konnte.

Die Stunden vergingen, und Lajos fuhr einfach weiter. Sie hatten kein Ziel, keine Richtung – sie fuhren einfach zusammen. Kriszti fühlte sich unendlich leicht und frei. Es war das erste Mal seit Monaten, dass sie sich nicht von der Welt erdrückt fühlte. Als der Tag sich dem Ende zuneigte und sie aus dem Fenster schaute, sah sie Lajos’ Auto vor ihrem Fenster stehen. Er schlief darin, ein riesiger Blumenstrauß lag auf seinem Schoß.

Ab diesem Tag waren sie unzertrennlich. Ihre Beziehung war wie ein Sturm, der alles fortfegte, was zuvor war. Drei Monate später war Kriszti schwanger, und sie konnte sich keinen anderen Menschen mehr an ihrer Seite vorstellen.

Doch das Glück währte nicht lange. Lajos wurde brutal überfallen und ermordet. Kriszti erfuhr es von einer älteren Dame, die sie weinend ansah. „Es war eine schreckliche, sinnlose Tragödie“, flüsterte sie, „Er war zu Hause, stieg aus dem Auto, und dann griffen ihn drei Verbrecher an…“

Kriszti konnte kaum atmen. Ihr Herz zog sich zusammen, als könnte es in tausend Stücke zerbrechen. Tränen liefen ihr über das Gesicht.

„Wissen Sie, wo er begraben ist?“ fragte sie mit zitternder Stimme, als sie endlich die Fassung wiederfand.

„Ja, ich weiß es“, antwortete die Dame, „Er wurde auf dem alten Friedhof am Rand der Stadt beigesetzt.“

Kriszti ging direkt dorthin, als sie die Dame verlassen hatte. Sie brauchte keine Zeit zum Nachdenken, kein Zögern. Sie musste ihn finden, sie musste zu ihm, egal was es sie kosten würde.

Am Friedhof angekommen, stand sie vor seinem Grab, sprach leise und mit zitternder Stimme: „Hallo, mein Liebster. Ich bin hier. Wieder…“

Mit einem leisen Schluchzen sank sie auf ihre Knie, der Schmerz überkam sie wie eine Welle. Die Stunden vergingen, und Kriszti wusste nicht, wie lange sie dort verweilte. Erst als der kalte Wind ihre Wangen peinigte, wurde sie wieder wach und richtete sich auf.

Und dann sah sie es. Auf dem Boden lag ein glänzendes, teures Handy. Sie bückte sich, um es aufzuheben, und als sie den Bildschirm entdeckte, blieb ihr der Atem weg. Auf dem Display flimmerte ein Bild – es war das Bild von Lajos, aber nicht nur das. Es gab auch eine Nachricht.

„Lösche alles. Sie dürfen niemals erfahren, was ich weiß…“

Kriszti wurde schwarz vor Augen. Das Handy fiel aus ihren Händen und sie brach in Ohnmacht. Was hatte er ihr verschwiegen? Und was hatte das alles mit seinem Tod zu tun?